Für ein gemeinsames Erarbeiten der ethischen Aspekte zum aktuellen Stand des RuhrBots Projektes fand am 26. und 27. März 2024 der zweite MEESTAR-Workshop in Duisburg statt. Im Fraunhofer-inHaus-Zentrum begrüßte Wolfgang Gröting das RuhrBots-Team und bot im Rahmen der Veranstaltung die Möglichkeit, das Fraunhofer-inHaus-Zentrum an sich sowie das Bibliothek-Reallabor zu besichtigen und den Roboter Navel in Aktion zu erleben.
Entlang dieser zwei Tage hatte das Konsortium die Möglichkeit, unter der Moderation von Arne Manzeschke intensiv die ethischen Implikationen der Mensch-Roboter-Interaktion im öffentlichen Raum zu diskutieren.
Am ersten Tag des Workshops wurden zunächst ein Rückblick auf den ersten MEESTAR-Workshop gerichtet. MEESTAR, das Modell zur ethischen Evaluation sozio-technischer Arrangements, unterstützt und strukturiert die ethischen Reflexion und Urteilsbildung idealerweise mit einem partizipativen Ansatz in Form von Workshops, um anhand konkreter Szenarien moralische Probleme zu identifizieren und Lösungsansätze für die Entwicklung und den Einsatz sozialer Roboter zu entwickeln. Besonderes Augenmerk lag auf dem Datenschutz sowie der Wahrung der Menschenwürde und Privatsphäre. Anschließend wurden die zentralen Forschungsfragen des Projektes in die einzelnen Komponenten unterteilt und systematisch sowie mit Blick auf die ethischen Dimensionen reflektiert. Diese bildeten die Grundlage für die Diskussionen und Gruppenarbeiten zu den Szenarien im öffentlichen Raum.
Um soziale Roboter gezielt, diversitätsgerecht und inklusive unter Betrachtung der Bedingungen des öffentlichen Raums weiterzuentwickeln, wurde das aktuelle Bibliotheksszenario um zwei weitere, grundlegend verschiedene Szenarien im öffentlichen Raum, nämlich ein Verkaufsszenario sowie ein Verwaltungsszenario erweitert. Rita Zöllner stellte die Unterschiede zwischen den Szenarien im öffentlichen Raum bezogen auf die Rollen der dort agierenden Menschen vor. Ebenso ging sie auf die Rollen der Roboter ein, die beispielsweise als ›Berater›, ›Animator‹ oder als ›Gefährte‹ fungieren sollen. Die Rollen wurden aus einer ethischen Perspektive anhand der moralischen Dimensionen des MEESTAR auf ihre Unterschiede hin betrachtet, die Ergebnisse zusammengefasst und direkt auf die Weiterentwicklung der sozialen Roboter übertragen. Hierzu hat das Team von Aysegül Dogangün bereits Rollen erarbeitet, welche sie zusammen mit Arthur Liesetschko und Nadine Jansen vorstellte.
Der Workshop diente dazu, Fragen insbesondere in Bezug auf Inklusion, Beziehung und Datenschutz zu konkretisieren und zu erörtern. Es wurde betont, dass Datenschutz nicht nur eine ethische, sondern auch eine rechtliche Verpflichtung ist und dass im Workshop ausschließlich die ethischen Probleme im Zusammenhang mit den im Projekt anfallenden Daten behandelt werden, nicht jedoch die Gesetze, die ohnehin beachtet werden müssen. Der Schutz und die Rechte der Personen, welche durch die Daten repräsentiert werden, stehen im Mittelpunkt der ethischen Überlegungen. Nicht jede Nutzung dieser Daten stellt sofort eine Verletzung der Menschenwürde dar. Es ist genauer zu beachten, ob und unter welchen Bedingungen die Nutzung von Daten geeignet ist, die Diskriminierung oder Herabwürdigung einer Person bzw. einer Gruppe zu befördern bzw. zu verwirklichen.
In drei verschiedenen Gruppen wurden die drei Einsatzszenarien diskutiert. Da der öffentliche Raum ein allgemein zugänglicher Raum ist, der einer Gemeinde oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gehört, stellt sich hier je nach Szenario die Frage, ob die Menschen jeweils freiwillig in die Interaktion mit einem Roboter eintreten. Hier ist der Unterschied zum Verkaufsszenario offenbar, weil mit dem Betreten eines Verkaufsraums mindestens ein Interesse am Sortiment signalisiert wird, das über eine rein zufällige Begegnung im öffentlichen Raum hinausgeht. Anders verhält es sich wiederum mit dem Besuch einer öffentlichen Verwaltung. Hier ist der Zugang unter Umständen über Termine und Besuchszeiten limitiert und geschieht in der Regel nicht zufällig, sondern anlassbezogen. Das Verkaufsszenario wurde aus dem HRW-Team von Simone Roth angefertigt. Medina Klicic stellte im anschließenden Plenum die Rolle der Kunden und Matheea Beder die Rolle der sozialen Roboter im Verkaufskontext vor. Esther Herfurth präsentierte das Verwaltungsszenario, während Andreas Gourmelon den Zusammenhang mit den ethischen Perspektiven erläuterte. Das Bibliotheksszenario, entwickelt vom Team von Carolin Strassmann, wurde bereits im ersten Workshop erarbeitet, wobei die Ergebnisse der ethische Perspektiven aufgefasst und bezogen auf den aktuellen Stand reflektiert wurden. Lukas Erle und Marcel Finkel aus dem Team von Sabrina Eimler präsentierten die Ergebnisse dieses Austausches und brachten gemeinsam mit André Helgert und Lara Tim die Perspektive der Diversität und der Inklusion bei der Interaktionen mit sozialen Robotern sowie der Bedarfe der Nutzenden mit Blick auf die Feldstudien mit ein.
Am zweiten Tag, wurden die Diskussionen des Vortags fortgesetzt und vertieft. Als weiterer Tagesordnungspunkt stand das Gespräch mit ENTRANCE Robotics GmbH auf dem Programm. Der Austausch über den Anforderungskatalog für ENTRANCE Robotics wurde von Alexander Arntz als Projektkoordinator moderiert. Während Edwin Naroska seine Expertise und die technischen Perspektiven einbrachte, flossen die Informationen aus dem Ethikworkshop sowie die Perspektive der Akzeptanz der Roboter von Martina Braun mit ein.
Die Teilnehmenden verließen den Workshop mit einem Verständnis der ethischen Herausforderungen im Zusammenhang mit der sozialen Robotik im öffentlichen Raum sowie konkreten Handlungsempfehlungen für die weitere Arbeit in RuhrBots. Die gute Stimmung, die Vielfalt der Perspektiven, der konstruktive Austausch und die lebhafte Diskussionen trugen maßgeblich zum Erfolg des Workshops bei.
Autorin: Rita Zöllner