Empirische Studie zeigt: Stakeholder sind aufgeschlossen für den Einsatz sozialer Roboter in öffentlichen Verwaltungen

Auf organisationaler Ebene geht der Robotereinsatz mit einem umfassenden Veränderungsprozess einher. Neben den Einstellungen der Beschäftigten –welche von dem HSPV NRW-Team um Prof. Dr. Andreas Gourmelon in einer ersten Studie untersucht wurden (hier abrufbar) – sind auch die Haltungen von anderen, entscheidungsrelevanten Stakeholdergruppen für den erfolgreichen Robotereinsatz in Verwaltungen bedeutsam.

Aus diesem Grund hat die HSPV NRW in einer zweiten Studie Datenschutzbeauftragte, Gleichstellungsbeauftragte, Personalräte und Vertrauenspersonen für Menschen mit Behinderung sowie deren Verbände oder verbandsähnliche Organisationen zu sozialen Robotern befragt. Parallel dazu sind von zwei Experten für Datenschutz und Personalrecht die rechtlichen Grundlagen für den Robotereinsatz in Verwaltungen geprüft worden (ein ausführlicher Forschungsbericht kann hier abgerufen werden).

Insgesamt wurden mit 27 Stakeholdern aus unterschiedlichen Kommunen in NRW qualitative Experteninterviews durchgeführt, welche umfassende Einblicke in ihre Haltungen geben.

 

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

Dem Einsatz sozialer Roboter sehen die befragten Stakeholder insgesamt mit Wohlwollen und Aufgeschlossenheit entgegen. Sie werden als vielversprechende Innovation und bedeutsame Chance für Verwaltungen wahrgenommen.

Von allen befragten Gruppen sind bei den Datenschutzbeauftragten die größte Skepsis und Kritik erkennbar, insbesondere bezüglich der Intransparenz KI-gestützter Datenverarbeitungsprozesse („Black-Box-Problem“) und fehlender Rechtssicherheit. Diese Skepsis ist bei einem Teil der Befragten mit einer eher passiven Haltung verbunden. So werden aktuell Gesetzesinitiativen und Empfehlungen übergeordneter Instanzen in Bezug auf einen rechtskonformen Umgang mit KI „abgewartet“. Vor allem die Wiedererkennungsfunktion der Roboter hat sich als datenschutzrechtlich problematisch erwiesen. Neben der Festlegung von technisch organisatorischen Maßnahmen und Durchführung einer Datenschutzfolgenabschätzung wird ein Stufenkonzept als pragmatische Zwischenlösung für den Robotereinsatz empfohlen. Die explizite Einwilligungserklärung zur Datenerhebung und -verarbeitung wird als unerlässlich erachtet. Die praktische Umsetzung dieser Anforderung ist nicht trivial.

Demgegenüber sind bei den Vertrauenspersonen für Menschen mit Behinderung deutlich mehr Offenheit und großes Interesse am Einsatz sozialer Roboter erkennbar. Eine bedeutsame Chance wird darin erkannt, durch die vielfältigen Funktionalitäten der Technologien Menschen mit unterschiedlichen Sinneseinschränkungen (besser als bisher) zu erreichen. Ein integriertes Tablet am Roboter hat sich als großer Mehrwert für die Interaktion mit Menschen mit Behinderung herausgestellt. Allerdings sind mit dem Robotereinsatz auch zahlreiche Anforderungen verbunden, insbesondere hinsichtlich der Barrierefreiheit. „Nichts über uns ohne uns“ lautet dabei die Devise, weshalb die Beteiligung der Betroffenen als unverzichtbar betont wird.

Auch seitens der Personalräte und Gleichstellungsbeauftragten kommen positive Haltungen und hohe Innovationsbereitschaft zum Ausdruck. Große Vorteile werden in den Möglichkeiten erkannt, Beschäftigte zu entlasten und das Serviceangebot zu verbessern. Als primär gleichstellungspolitisches Thema haben sich Diskriminierungsrisiken durch KI-Systeme entpuppt. Von den Gleichstellungsbeauftragten wird ein diskriminierungs- und gendersensibles Vorgehen gefordert, um die Reproduktion von Stereotypen zu vermeiden. Seitens der Personalräte wird eindringlich auf die Relevanz ihrer frühzeitigen Beteiligung hingewiesen, damit beim Robotereinsatz von Anfang an die Interessen und Rechte der Beschäftigten berücksichtigt werden. Insbesondere der Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte müsse gewahrt und somit z. B. mögliche Überwachung durch die Roboter verhindert werden.

Resümee und Ausblick

Die Befragten sind sich einig, dass KI und Roboter den Arbeitsalltag in Verwaltungen in absehbarer Zukunft verändern werden und man sich diesen Entwicklungen nicht verschließen darf. Ihre Unsicherheit spiegelt die bisherige Unerfahrenheit Deutschlands mit dem Robotereinsatz im öffentlichen Raum wider. Wichtig erscheint dabei, jetzt aktiv zu werden und innerhalb der Verwaltungen ein stärkeres Gefühl der Dringlichkeit für Veränderungen zu erzeugen. Die Anregungen der Stakeholder bieten wertvolle Hinweise und Denkanstöße für den Einsatz sozialer Roboter.

Zur Schärfung dieser Hinweise wird die HSPV NRW in einem nächsten Arbeitsschritt gemeinsam mit erfahrenen Führungskräften sowie Expertinnen und Experten für Change Management Handlungsempfehlungen für einen gelingenden Robotereinsatz in öffentlichen Verwaltungen erarbeiten.

 

Autorin: Esther Herfurth